this post was submitted on 10 Jul 2023
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Deutschland

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Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Geschichten über Deutschland.

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Das Zeugnis für die Bundesregierung fällt kurz vor der Sommerpause miserabel aus. Aber: Sie hat in 18 Monaten mehr angestoßen, als die Merkel-Bündnisse in 16 Jahren.

Blöder hätte die letzte Parlamentswoche vor der Sommerpause für die Ampel kaum laufen können. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG): Höchstrichterlich zurückgepfiffen! Das Thema also, das die innenpolitische Debatte in diesem Halbjahr dominiert hat, ist immer noch nicht gelöst, sondern wurde vom Bundesverfassungsgericht vorerst gestoppt. Auch wenn kaum jemand mehr das Wort Wärmepumpe hören kann, wird die Debatte darüber die deutsche Politik mindestens bis September beschäftigen.

Die Neuregelung zur Sterbehilfe: gescheitert. Keiner der Anträge fand vergangene Woche im Parlament eine Mehrheit. Unschönen Streit gab es innerhalb der Ampel außerdem über – kein Anspruch auf Vollständigkeit – die Kindergrundsicherung, das Elterngeld und den Haushalt ganz allgemein. "Maximal frustrierend" sei diese Juliwoche, klagt eine führende SPD-Politikerin, kurz bevor sie sich in die Sommerferien verabschiedet. Ja, schon das Beobachten dieser Politik war teilweise kaum auszuhalten.

Die Kommentarlage ist entsprechend eindeutig: "Totalschaden" (Bild). "Miserabel" (Tagesschau). "Diese Regierung ist ausgebrannt" (ZEIT ONLINE). Ampel-Fatigue, wohin man schaut. In den Umfragen haben die drei Regierungsparteien ihre gemeinsame Mehrheit längst verloren. Der CDU (und erst recht der AfD) gehen die Schmähsuperlative aus. Kurz: Die Regierung wird mit Schimpf und Schande in den Urlaub gejagt.

[...]

Die Ampel, so könnte man kurz vor der Halbzeit ihrer ersten (und womöglich letzten) Legislaturperiode sagen, erfüllt weder ihre eigenen Ansprüche noch die der Wählerschaft und Öffentlichkeit. Gäbe es jetzt Halbjahreszeugnisse, würde darunter stehen: Versetzung gefährdet. In vielen Bereichen: leider ungenügend.

Ganz gerecht ist diese negative Bewertung aber nicht. Die drei Parteien, die vorher noch nie auf Bundesebene zusammengearbeitet haben, waren extremen Bedingungen ausgesetzt. Schon der Start war hart, mitten im zweiten Corona-Winter. Kurz darauf begann Wladimir Putin seinen Angriffskrieg auf die Ukraine. Das waren unverschuldete, externe Herausforderungen, mit denen alle Regierungen auf der ganzen Welt zu kämpfen hatten. Die Ampel hat sie erstaunlich geschlossen bewältigt.

[...]

top 50 comments
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[–] [email protected] 26 points 1 year ago

Angenehm unaufgeregter, sachlicher Beitrag, aber das wird die breite Öffentlilchkeit leider herzlich wenig interessieren. 20 Jahre Reformstau und dann 4 Jahre Allnighter-Stress, um das Ruder grade noch rumzureißen, ist einfach der Modus Operandi der deutschen Demokratie. Dass das langfristig kein gutes Modell ist, wird man so richtig erst merken, falls die Autoindustrie in den nächsten Jahren abbaut. Denn wie Börsianer wissen: Im Bullenmarkt kann jeder Gewinne machen. Wenn es hierzulande also nicht mehr aufwärts geht, dann werden genau die Konfliktlinien, die man so lange wegignoriert hat - alt-jung, reich-arm, Arbeit-Kapital, alteingesessen-zugezogen -, zu Bruchstellen werden.

[–] [email protected] 17 points 1 year ago (1 children)

Tja, dumm, dass Wahlen am Ende über den Ruf entschieden werden, und kaum über objektive Kriterien. Was auch volkswirtschaftlich völlig bescheuert ist, wo doch viele positive Effekte erst nach deutlich über 4 Jahren eintreten. Politiker sind also, wenn sie im Amt bleiben wollen, daran gehalten, kurzfristig gut dazustehen. Sehr blöd.

[–] [email protected] 7 points 1 year ago

Es kommt noch was anderes dazu, das ich bei einem Experiment des Max-Planck-Instituts für Ökonomie gelernt habe: Menschen wählen lieber etwas Schlechtes, das sie für glaubwürdig halten, als etwas, das zu gut klingt, um wahr zu sein.

[–] [email protected] 11 points 1 year ago (1 children)

Das ist ihr Problem. Sie ändert Dinge. Deutsche mögen keine Veränderung.

[–] [email protected] 5 points 1 year ago (1 children)

Ich denke nicht dass das das Problem ist.

Die deutsche Medienlandschaft ist schlicht stramm rechts und schreibt alles nieder, dass einer positiven Progression folgt.

Das Problem ist der durchschnittliche Bildungsstand der Deutschen.

[–] [email protected] 2 points 1 year ago (1 children)

Das ist ein Aspekt. Ein anderer ist das schlechte Bild dass die internen Streitigkeiten vor allem zwischen FDP und Grünen abgeben. Gerade die FDP versucht in meinen Augen sich zu aller erst selbst zu profilieren.

[–] [email protected] 2 points 1 year ago

die FDP versucht in meinen Augen sich zu aller erst selbst zu profilieren.

Und schafft das mithilfe der deutschen Presselandschaft. Gerade habeck bringt sehr gute Vorschläge auf den Tisch, benennt einfach zu ändernde co2 Quellen und migrationspfade davon weg. A. Springer verkürzt das ganze dann zu "Heizhammer"

Es ist ein jammer. Wir haben in teilen die beste Regierung seit Jahrzehnten und der deutsche Michel lässt sich in die gierigen arme eines Merz treiben.

[–] [email protected] 9 points 1 year ago (2 children)

Mir wurde letzte Woche das Argument entgegen geworfen: "Mit Merkel hätte es diesen Krieg nicht gegeben."

[–] [email protected] 11 points 1 year ago (2 children)

Wer war noch gleich Bundeskanzlerin als Russland die Krim annektiert hat?

[–] [email protected] 4 points 1 year ago (1 children)

Ja und hat es da Krieg gegeben? Nein! Also alles tip top!

/s aber ich kann mir vorstellen, das manche Leute wirklich so argumentieren

[–] [email protected] 2 points 1 year ago (1 children)

Hä jetzt gibt es doch auch nur eine militärische Spezialoperation? Verstehe gar nicht was du meinst.

[–] [email protected] 1 points 1 year ago

Stimmt ja, Извините.

[–] [email protected] 2 points 1 year ago

Wer hat noch gleich North Stream gegen die Warnungen aller Europäischen Nachbarn ausgebaut?

Manchmal haben die Leute echt um jeden Preis eine rosarote Brille auf...

[–] [email protected] 2 points 1 year ago

Niemand der klar im Kopf ist: …

Friedrich Merz: vollkommen entgeistert und überrascht

[–] [email protected] -2 points 1 year ago (1 children)

Um wieviel weiter geht die Schere zwischen Arm und Reich auf?

[–] [email protected] 9 points 1 year ago (1 children)

Welche Maßnahmen der Ampel siehst du denn die das bewirkt haben können?

[–] [email protected] 2 points 1 year ago (4 children)

Weiß nicht, deswegen frage ich. Die letzten ~25 Jahre ist sie fleißíg aufgegangen, egal wer an der Macht war. Am meisten unter der SPD. Bevor ich also lobe, stellt sich mir die Frage: hat die aktuelle Regierung die Schere wieder ein bißchen geschlossen? Weil, wenn nicht, ist alles nur ein Feigenblatt vor dem Neoliberalismus und dessen Umverteilung von unten nach oben.

Ergo: um wieviel weiter ging unter der aktuellen Regierung die Schere zwischen Arm und Reich weiter auf? Darauf basiere ich mein Zeugnis.

[–] [email protected] 4 points 1 year ago

Ich denke das wird noch ein paar Jahre dauern, wenn überhaupt, bis wir vom Schließen reden können. Dazu sei gesagt, dass die neoliberale Erzählung seit vielen Dekaden läuft und gerade in Deutschland werden davon viele Dinge als Naturgegeben hingenommen.

[–] [email protected] 3 points 1 year ago

Ich kann dir zumindest verraten, welche Parteien sich nicht darum kümmern werden: FDP und alles rechts davon, sowie die SPD.

[–] [email protected] 3 points 1 year ago (1 children)

Ist die Ampel, also alle Parteien in der Koalition, damit angetreten die Schere zu schließen und mal von oben nach unten zu verteilen? Denn wenn nicht, erklärt das warum sich da nichts tut.

[–] [email protected] 1 points 1 year ago

Außerdem: wenn eine der 3 Parteien garantiert alles blockieren wird was auch nur entfernt mit "Umverteilung" betitelt werden könnte ist dann die Ampel als ganzes Schuld daran wenn da nichts passiert und man lieber die Themen angeht in denen man wirklich was bewegen kann?

Dass mehr als die Hälfte der Deutschen neoliberale Arschkrampen in Gelb, Schwarz oder Braun/Blau gewählt haben so dass eine Regierung ohne Berücksichtigung einer der 3 Parteien nicht möglich gewesen ist ist ja nicht der Fehler der anderen beiden Parteien die aktiv etwas dagegen unternommen hätten.

Die Mehrheit der Deutschen WILL einfach keine Umverteilung weil sie denken dass dann das kleine Haus von Oma Erna in nem 500-Einwohner-Dorf plötzlich unter die Erbschaftssteuer fallen würde und man dann lieber in Kauf nimmt dass die Reichsten Familien Deutschlands seit Jahrzehnten die gleichen sind...

[–] [email protected] 3 points 1 year ago (1 children)

Ja, sie tatsächlich leicht zurückgegangen. Zumindest was Einkommen angeht. Die Einführung des und sehr wahrscheinlich im besonderen auch die Erhöhung 2022 haben die Lohnungleichheit abnehmen lassen. Was Vermögen angeht... Weiss ich es leider nicht ;-) Befürchte aber, dass sich da nichts getan hat un da für einen Ausgleich zu sorgen. Für eine Vermögenssteuer bräuchte es wohl grün rot rot oder eine ähnliche Regierung.

[–] [email protected] 2 points 1 year ago

Cool, weißt du um wieviel und in einem Vergleich zu einem Referenzwert?

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