Ab Montag wollen sich Bauern aus ganz Deutschland auf den Weg nach Berlin machen, um gegen die Ampel-Regierung zu protestieren. Viele schießen dabei weit über das Ziel hinaus.
Die Agrar-Sekte trommelt zur Protestwoche. Erneut wollen die Bauern-Banditen den Straßenverkehr der Hauptstadt lahmlegen. Großflächige Störaktionen sind geplant, deutschlandweit sollen sogar die Auf- und Zufahrten von Autobahnen von den fundamentalistischen Landwirten blockiert werden. Ob dabei immer Rettungsgassen freigehalten werden? Die Radikalen eint das Ziel, die Ampel zum Einlenken bewegen zu wollen. Andere wollen die Regierung gleich komplett stürzen.
Sie reiben sich die Augen angesichts dieses unseriösen Einstiegs in einen Tagesspiegel-Text? Zurecht. Die Passage ist einem Potpourri verschiedener Artikel des Boulevards über die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ entnommen und wurde auf die kommende Protestwoche der Landwirte in der Hauptstadt umgedichtet.
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Schreiende Doppelmoral
Und nun stellen Sie sich das mal bei der „Letzten Generation“ vor. Die Klimaaktivisten sorgen bereits mit ihren Klebe-Blockaden für kollektive hysterische Schnappatmung. Was wäre bloß los, fingen sie plötzlich an, ebenfalls mit brennenden Strohballen zum Beispiel die Stadtautobahn zu blockieren? Oder mit Galgen-Modellen die Ampel symbolisch aufzuhängen? Oder mit Gewalt zu versuchen, in die Privatsphäre eines Ministers einzudringen, wie am Donnerstagabend in Schleswig-Holstein geschehen, wo Robert Habeck eigentlich nur seinen Urlaub beenden wollte.
Die schreiende Doppelmoral ist unübersehbar, spielt aber kaum eine Rolle in der öffentlichen Debatte. Stattdessen versuchen Konservative und vor allem Rechte, also jene, die besonders gerne gegen die Klima-Aktivisten poltern, die Bauern-Proteste für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen. Ein besonders verlogenes Spiel ist bei der AfD zu beobachten, die in ihrem Grundsatzprogramm europäische Agrar-Subventionen klar ablehnt, gleichzeitig jedoch auf den Zug der landwirtschaftlichen Protestwelle gegen die Ampel sofort aufsprang.
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Überdurchschnittliche Jammerei
Der Verband ist eine der größten und einflussreichsten Lobbyorganisationen des Landes und einer der Gründe, warum die Proteste gegen die politischen Sparpläne so heftig ausfallen. Es ist allgemein bekannt, dass die deutschen Bauern schon bei kleinsten geplanten gesetzlichen Änderungen gerne auf die Barrikaden gehen. Es wird in der Branche überdurchschnittlich oft gejammert und sich beklagt.
Das mutet zumindest aktuell etwas bizarr an, weil es deutschen Agrarbetrieben so gut wie lange nicht mehr geht. Die Einkommen vieler Betriebe sind gestiegen. Die Steuervergünstigungen für Agrardiesel sind letztlich eine staatliche Subvention, also Geld der deutschen Steuerzahler.
Wir leben in einem Land, in dem Beschwerden und Wehklagen zur Tagesordnung gehören. Landwirte, Handwerker, Spediteure, Ärzte, Lokführer und manchmal sogar Journalisten. Man regt sich gerne auf. Sicher, es gibt in der Bundesrepublik prekär Beschäftigte, denen es wirklich elend geht. Aber ausgerechnet jene, werden in der Regel kaum gehört, auch weil die Lobby fehlt. Geht es uns allen also wirklich so schlecht? Ein bisschen Selbstreflexion und positive Energie statt ständiger Jammerei täte gut. Zumindest noch zu Beginn dieses neuen Jahres.
Ach, warum denn nur distanzieren. Profis schieben das direkt dem politischen Gegner in die Schuhe: