Dzt keine Paywall, aber als Backup:
Wegen steigender Medikamentepreise
Chef der Techniker Krankenkasse fordert Gewinndeckel für Pharmaindustrie »Teils obszöne Gewinne«: Angesichts drastisch steigender Preise für Arzneimittel fordert Jens Baas, die Margen der Pharmakonzerne zu beschränken. 01.07.2023, 17.54 Uhr
»Wir brauchen für die Zukunft faire Preise für neue Arzneimittel, bestehend aus den tatsächlich anfallenden Kosten und einer gesellschaftlich akzeptablen Marge.« Das sagte der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, am Samstag dem »Handelsblatt«. Er brachte das Modell eines Gewinndeckels in Spiel. »Dann sollten Kassen nur noch für Medikamente bezahlen, deren Hersteller diesen Gewinndeckel akzeptieren.«
Pharmafirmen machten »teils obszöne Gewinne«, kritisierte Krankenkassenmanager, und zögen auf eine Art und Weise Geld aus dem Gesundheitssystem, die gesellschaftlich nicht mehr akzeptabel sei. Die Arzneimittelpreise würden zu einem »ernst zu nehmenden Problem«.
Erst vor drei Wochen war bekannt geworden, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen nach abgesicherten Finanzen 2023 wieder ein Defizit im nächsten Jahr erwarten. Der Spitzenverband rechnet mit einer Lücke zwischen 3,5 Milliarden und sieben Milliarden Euro. Ohne Gegenmaßnahmen würde daraus rechnerisch ein Anstieg beim durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,2 bis 0,4 Prozentpunkten resultieren.
Vor diesem Hintergrund sprach auch TK-Chef Baas seine Warnungen aus. »Spätestens in fünf bis zehn Jahren haben wir derart viele teure Gentherapien auf dem Markt, dass sich unser Gesundheitssystem deren breiten Einsatz nicht mehr leisten kann«, warnte er. Das seien Arzneimittel, die pro Patient Millionen kosteten. »Wenn wir also nicht irgendwann die hässliche Debatte führen wollen, wer solche immens teuren Therapien bekommt und wer nicht, müssen wir jetzt etwas an der Preisbildung ändern.«
Die Forderungen finden auch in der Politik Gehör. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Martina Stamm-Fibich etwa sagte dem »Handelsblatt«, grundsätzlich befürworte sie »mehr Preistransparenz im Pharmabereich«. Eine verpflichtende Offenlegung und eine festgelegte Marge halte sie »jedoch für den falschen Weg«.
Die Grünenpolitikerin Paula Piechotta sagte wiederum, die »dramatisch steigenden Kosten« seien eine »alarmierende Entwicklung« für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Diese Entwicklung müsse gestoppt werden. »Deswegen ist es verständlich, dass jetzt die Debatte an Fahrt aufnimmt, wie wir in Zukunft innovative Therapien bezahlbar halten.«
Das Problem liegt eben auch darin, dass man nicht einfach die Forschungs- & Entwicklungskosten für das eine neue Medikament berücksichtigen kann. Es werden viele potenzielle Medikamente erforscht und viele Forschungsprojekte führen nicht zum Erfolg. Somit müssen die erfolgreichen Projekte auch die Kosten aller erfolgslosen wieder reinholen, sonst lohnt sich die gesamte Forschung eben nicht mehr, zumindest nicht in dem Maße, wie sie aktuell betrieben wird.
Eine andere Betrachtungsweise ist die: Wenn die Chance für den Erfolg eines Projekts bei 10% liegt, dann muss der Gewinn eben ungefähr das 10 fache der Forschungskosten wieder reinholen, damit es Sinn macht, das Forschungsprojekt überhaupt anzustoßen. Wenn aber wegen Gewinnbeschränkungen absehbar ist, dass das nicht erreichbar ist, wird das Projekt eben nicht durchgeführt. Dann würden nur noch solche Projekte durchgeführt werden, die mindestens bspw eine 50% Erfolgswahrscheinlichkeit haben, was die Forschung insgesamt aber massiv verlangsamen und einschränken würde.
Wobei Pharmafirmen größtenteils keine Grundlagenforschung machen, sondern etwas erst aufgreifen, wenn es mit Geldern der öffentlichen Hand schon hinreichend erforscht ist, dass es gute Erfolgsaussichten hat. Also all zu schlecht wird deren Erfolgsquote nicht sein.
Aber ja, wie gesagt, ist halt alles nicht so einfach.