this post was submitted on 15 Nov 2023
71 points (89.0% liked)

Frag Feddit

3704 readers
1 users here now

Wolltest du Der Leere™ schon immer einmal Fragen stellen? Tue dies hier.

founded 3 years ago
MODERATORS
 

Ich hoffe mal ich bin hier richtig. Ich suche Meinungen von Menschen außerhalb meiner Bubble und ihr seit mir als erstes eingefallen.

Kurzer Kontext:

Ich wohne in einem (recht konservativen) Dorf in Sachsen (Region Erzgebirge). Religion ist für viele ein Thema, speziell mein Freundeskreis ist nahezu vollständig in der evangelischen Landeskirche vertreten. Fast alle nehmen das auch sehr ernst, man hilft bei der Kinderbetreuung, bereitet Kurrende (Kinderchor) vor, plant Flohmärkte, etc. Das führt zu einem sehr netten sozialen Miteinander, wobei Religion und Glauben verbindet. Die meisten Familien sind zwischen 30 und 35 Jahren und haben etwa 2-3 Kinder.

Meine Frau und ich sind vor etwa einem Jahr aus der "Stadt" zurückgekommen und fühlen uns wohl hier. Bei den meisten Themen kommen wir auch auf einen grünen Zweig. Ein Thema, das immer wieder hochkocht ist "Gender". Gemeint ist die ganze Bandbreite von Geschlechteridentitäten, Sprache ("Gendern"), am Rande auch sexuelle Präferenzen (Homosexualität, etc.).

Jetzt treffen wir uns einmal in der Woche und quatschen über schwierige Themen. Das oben genannte ist aktuell dran. Da hauptsächlich Meinungen Pro "klassischer" Geschlechtereinteilung, sowie auch viele Ängste/Befürchtungen vor der Genderthematik vorliegen, wollte ich gern mal hier nachfragen, ob ihr ein paar gegensätzliche Meinungen/Argumente bringen könnt. Wir würden die dann mal durchgehen und vielleicht kann ja die eine oder andere Befürchtung oder Vorurteil widerlegt werden.

Konkrete Fragen (die sind sehr polemisch/übertrieben, dies dient nur dem Zweck der Verdeutlichung der Frage)

  1. Warum muss das Thema "Gender" überhaupt gepusht werden? Gibt es keine größeren Probleme?

  2. Warum wird bei der Sprache angefangen und nicht Zeit/Geld in konkretere Maßnahmen gesteckt um mehr Akzeptanz für Menschen außerhalb des klassischen Spektrums im Alltag zu erreichen?

  3. Warum herrscht so ein riesiges Durcheinander (gefühlt entsteht jede Woche eine neue Geschlechteridentität)?

  4. Warum gibt es zig verschiedene "Sprech-/Schreibweisen" für das korrekte Gendern? Warum wird nicht erstmal ein einheitlicher Standard erarbeitet, der dann allgemein verwendet wird?

  5. Was wird getan um (insbesondere Kinder) vor Verwirrung zu schützen? Damit ist gemeint, dass die Gefahr besteht, dass ein Nicht-Festlegen auf eine Identität einen tieferen Selbstfindungsprozess verhindern könnte ("Mach was du willst, du musst nichts entscheiden, du kannst alles noch nachträglich ändern" -> kein festes "Fundament" für Persönlichkeit)

Ich würde mich sehr über Antworten oder auch Referenzen zu Resourcen etc. freuen. Bitte bleibt freundlich.

you are viewing a single comment's thread
view the rest of the comments
[–] [email protected] 2 points 1 year ago (1 children)

Ich werde jetzt mal darauf eingehen und hoffe wirklich hier auf einen Nenner zu kommen. Ich glaube, wir vertreten ähnliche Ansichtsweisen, aber von unterschiedlichen Perspektiven...was ich jetzt sage ist auf keiner Weise persönlich oder als Angriff gemeint. Wenn es also so klingt, versuche es nochmal als nicht-Angriff zu interpretieren und falls es dann immer noch so rüberkommt, lass es mich wissen und ich kann das dann hoffentlich richtig rücken...

1-4 Manche Leute lieben eben Schubladen. Statt also einfach friedlich zu leben und einfach sein Ding durchzuziehen, finden manche Leute nichts befriedigender, als anderen darüber zu erzählen, wie sie die Leute alle in Schubladen klassifizieren, je mehr desto besser. Wobei da auch wieder jede Person ihr eigenes Klassifizierungsschema und dessen Bezeichnungen als das beste System ansieht.

Ist das nicht eine ur-menschliche Angewohnheit, welche es zu bekämpfen gilt? Jedes System, welches versucht, eine perfekte Klassifizierung zu erschaffen, scheitert. Paradoxerweise ist es leider unmöglich ohne eine Form von Klassifizierung ein funktionierendes System herzustellen. Diese Sisyphusarbeit muss also immer weitergemacht werden. Und wenn man sich jetzt die Gesetzeslage in einigen Ländern anschaut, dann sind Klassifizierungen immer noch recht simpel. Es gibt Männer, Frauen und ein paar Religionen und das wars. Schubladendenken gab es schon immer und wurde teilweise benutzt, um unvorstellbare Menschenrechtsverletzungen zu legitimieren. Klassifizierung, nicht Ausgrenzung, ist da vielleicht als Philosophie am nützlichsten.

Besonders gut zu sehen am Begriff LGBT, der seit einiger Zeit gefühlt wöchentlich um neue Buchstaben, Zahlen, und Zeichen erweitert wird, genau so wie die Regenbogenflagge, die einst für das zelebrieren der Unterschiede (alle Farben, aber erkennbar getrennt) und der damit einhergehenden Gemeinsamkeit (“unity in diversity”, vereint in Vielfalt) aller Menschen stand, aber inzwischen ein hochgradig politisch motiviertes und mehrfach verändertes Kampfsymbol geworden ist.

Ernsthaft, ich schaue mir das aus der Distanz an, weil ich nicht zu der LGBTQIA++ Gruppe gehöre und finde das, was die da machen, teilweise anstrengend und kompliziert. Wie jede Identitätsfindung so ist. Besonders, wenn da die Flagge neu definiert wird und neue Buchstaben an das Akronym drangehängt werden. Aber ich schaue es mir halt aus der Distanz an. Ich warte ab und schaue, was passiert. Ich gebe mein Bestes, denen dabei nicht im Weg zu stehen. Mir hat ein Leben lang niemand im Weg gestanden, weil ich halt ins Schema gepasst habe. (Naja, weil ich so getan habe, als würde ich passen und das hat funktioniert, weil ich ein weißer Mann bin)

5 Tatsächlich nichts. Stattdessen fordern einige besonders extreme Menschen sogar, diese Denkweisen schon im Kindergarten zu fördern.

Hier kann man zwei Wege einschlagen: Entweder, es gibt Denkweisen, welche gefördert werden müssen (und Denkweisen, welche unterbunden werden müssen), oder das freie Denken (das Denken selbst, kritisches Denken) ist die oberste Direktive.

Der erste Weg bedeutet, dass es jemanden gibt, der entscheiden kann, welche Denkweisen gefördert werden. Der zweite Weg ist eigentlich nur der erste Weg, aber mit weniger Autorität.

Und hier wird es ganz schnell sehr kompliziert. Kinder wehren sich gegen Dinge, die zu sehr in sie reingedrescht werden. Du kannst also versuchen, denen was auf Teufel-komm-raus einzuprügeln (sei es dass es Geschlechter nicht gibt, sei es, dass es nur zwei Geschlechter gibt etc.), musst dann aber das Risiko der Rebellion in Kauf nehmen, oder, du kannst versuchen so viele Perspektiven wie möglich zur Schau zu stellen und hoffen, dass die Kinder ihre eigenen Entscheidungen treffen.

Wenn links-extreme Kindergärtner autoritär ihr Weltbild propagieren und alle anderen Perspektiven verbieten, dann ist das genau so schädlich, als wenn rechts-extreme Kindergärtner das machen. Beide sind zum Scheitern verurteilt und vergeuden ihre Zeit.

Die größere Frage, meiner Meinung nach, ist, was wir verlieren, wenn dir den Menschen kritisches Denken beibringen. Die Antwort darauf erscheint mir immer und immer wieder zu sein: Nichts, außer etablierten Machtstrukturen, welche alles, wirklich alles im Namen des Selbsterhaltes tun werden. Die schrecken an nichts zurück. Warum auch? Deren Lebensgrundlage ist es, den Status Quo zu erhalten.

Ich sage das nochmal etwas deutlicher: Reiche und Mächtige Menschen (und damit meine ich irgendwo zwischen 10.000 - 100.000 der reichsten Menschen) werden alles daran setzen, dass niemand herausfindet, dass diese Welt eine bessere Welt sein könnte, denn egal welche Veränderung (egal welche), hat eine unproportional-große Chance, deren Leben (welches nicht besser sein könnte) irgendwie zu verschlechtern. Deswegen verändert sich nichts, deswegen wird nichts besser.

Was in Kindergärten passiert hat damit nichts zu tun, denn die Probleme, auf welche die Menschheit gerade zusteuert, sind existenziell und während wir in unserem eigenen Exkrement verenden, lachen sich die Reichen ins Fäustchen, weil sie wussten, dass sie uns mit Gender-Schwachsinn ablenken konnten.

[–] [email protected] 1 points 1 year ago

Zu 5.

Linksextremismus und rechtsextremismus sind extrem unterschiedlich. Nicht zu vergleichen. Daten dazu Mordraten, Verbrechen usw. Sicherlich seeehr viel Sachbeschädigung, Wiederstand oder heutzutage auch Nötigung auf der linken Seite, auf Rechts dagegen Morde, Körperverletzung, Volksverhetzung, und vieles schlimme andere.

Dieses "Kinder rebellieren eh" behauptet irgendwie, dass Schule und alle anderen Orientierungspunkte komplett sinnlos sind. Aber das stimmt halt nicht, auch zwanghaftes Indoktrinieren funktioniert, und wir leben in einer sozialen Gesellschaft mit sehr vielen Beziehungen, Einflüssen, Vorbildern, Motivation, Druck, Abhängigkeit. Es gab Nazideutschland. Jeder wusste davon. Absurderweise sollte dieses Beispiel zeigen, dass Menschen nicht einfach gegen alles rebellieren. Natürlich nicht, es hängt einfach davon ab, welcher Einfluss von welcher Beziehungsperson kommt. Lehrerinnen, Freunde, Familie, Bekannte, Polizei... unterschiedliche Arten, Antworten, Motivationen. Wenn Lehrer wichtig sind, ist auch ihr Einfluss irgendwie da.

Aber klar, autoritäres Verbieten darf nicht mehr passieren.

Was der letzte Absatz soll weiß ich nicht. Reiche springen eher auf belanglose Züge auf, sich mit zb. CSD zu solidarisieren, wenn es absolut ungefährlich ist für sie, und sie damit von echten Problemen ablenken können. Regenbogenkapitalismus. Heißt aber halt nicht, dass die das erfinden, sie machen nur mit bestehenden Strömungen Geld.

Ist nicht so als ob Gay sein das neue "Nike tragrn" wäre, weil solche toxischen Statussymbole immer mit Obeflächlichkeit, Macho-verhalten und Stereotypen funktionieren.

Stimme dir bei den Schubladen zu. Ich wäre nebenbei für eine neue Rechtschreibreform, bei der Dehnungs-h, ie, 3. Person Personalpronomen, und vielleicht noch mehr Sinnlosigkeiten einfach wegfallen.