this post was submitted on 15 Oct 2024
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Archivierter Artikel aus der "Wirtschaftswoche":

Die Neigung der Deutschen zum Blaumachen ist belegt. Eine vorsichtige Reduzierung der Lohnfortzahlung in den ersten Krankheitstagen könnte helfen. Ein Kommentar.

Eine neue Scheißidee, die in die ähnliche Kerbe schlägt, wie schon die Debatte der arbeitsverweigernden Bürgergeldempfänger: Weil ein zu vernachlässigender Prozentsatz der Leute das System für sich ausnutzt, sollen dafür alle bestraft werden. Dieses Mal: krank feiern.

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[–] [email protected] 68 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago) (1 children)

die telefonische Krankschreibung erspart den lästigen Gang in die Praxis. Endlich mal ein unbürokratisches Verfahren, möchte man loben. Doch verlockt es nicht dazu, mal eben locker krank zu feiern?

Oh Mann. Der "Journalist" steckt ja tief in der Materie. Es ist gerade 6 Tage her:

AOK-Link

Die AOK-Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann ging auf einen anderen Aspekt ein, der zuletzt im Zusammenhang mit den hohen Krankenständen diskutiert worden ist: Mitte September hatte Bundes-finanzminister Christian Lindner die Abschaffung der telefonischen Krankschreibung gefordert, weil es eine Korrelation zwischen dem hohen Krankenstand und der Einführung dieser Maßnahme gebe.

„Diese gefühlte Wahrheit können wir nicht bestätigten“, betonte Reimann. „Verschiedene Auswertungen des WIdO zu den Fehlzeiten in der Pandemie lassen den Schluss zu, dass mit der damals neu eingeführten Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung sehr verantwortungsvoll umgegangen worden ist.“ Weder 2020 noch 2021 seien im Zusammenhang mit der damals neu eingeführten Option höhere Krankenstände zu sehen gewesen.

Edit: Oh. Gerade zu Ende gelesen den wiwo-Artikel. Er kennt den AOK- Beitrag und gibt ihn falsch wieder. Das ist nicht Unwissen sondern Täuschung durch eine falsche Aussage.

[–] [email protected] 3 points 2 weeks ago (1 children)

Wie ich solche Menschen verabscheue. Woher kommt das, aus dem eigenen verbitterten Leben?

[–] [email protected] 5 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago) (1 children)

Ich teile deine Ansicht. Das hat mich geärgert, als ich das gelesen hab.

Für den Fall, dass deine Frage nicht rhetorisch ist: ich glaub ein bisschen Opportunismus - er schreibt was die Leser hören wollen. Und ein bisschen kognitive Dissonanz - Selbsttäuschung, damit der Konflikt der eigenen Ansichten mit der wahrgenommen Realität nicht zu unangehm wird.

Hat jemand weitere Erklärungsansätze?

[–] [email protected] 4 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago)

Ich kenne die genauen Ansichten des Autors nicht, aber wenn er neoliberal ist, könnte kognitive Dissonanz an der Stelle ganz gut passen.

Ich meine, wenn man der Ansicht ist, dass Sozialleistungen, Umverteilung, etc. ungerecht sind, weil jeder Mensch jeder seines Glückes Schmied ist und die Möglichkeit hat, mit harter Arbeit (+vllt. den richtigen Ideen) reich zu werden, muss man zwangsläufig davon ausgehen, dass alle, die weniger erreicht haben und somit weiter unten in der gesellschaftlichen Hackordnung stehen, faul, unfähig, etc. sind. Minderwertige Schmarotzer halt.

Tatsächlich sehe ich keine Möglichkeit, wie man neoliberale Ansichten haben kann, ohne jedem Menschen eine gewisse Wertigkeit zuzuweisen. Täte man das nicht, könnte man nicht an dem Kerngedanken der "individuellen Selbstverantwortung" oder wie auch immer das ein Christian Lindner nennen würde, feshalten*. Das deckt sich auch mit meinen persönlichen Erfahrungen mit Neoliberalen.

Vor dem Hintergrund finde ich die Frage spannend, warum manche Bevölkerungsgruppen oder Länder wirtschaftlich erfolgreicher sind als andere. Hatte bisher noch nicht die Gelegenheit, sie einem Neoliberalen zu stellen, aber die Antwort würde mich interessieren :D

*Okay, man könnte daran festhalten und einfach darauf verzichten, ein ansatzweise logisch konsistentes Weltbild zu haben. Wäre aber arg seltsam.

[–] [email protected] 34 points 2 weeks ago

Dieser Artikel verursacht mir körperliche Schmerzen. Muss mich wohl morgen krank melden.

[–] [email protected] 30 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago) (2 children)

Diese Kolumne des stellvertretenden Chefradakteurs hat mich faules Stück vorhin endlich dazu gebracht dieses Wirtschaftsheulblatt bei Google News auf die Sperrliste zu setzen. Nicht nur argumentiert der werte Herr so als würden nur körperliche Beschwerden eine Krankmeldung rechtfertigen und sich der Status einer kranken Person nicht in den Stunden nach dem aufstehen rapide verschlechtern können, er haut auch unironisch sowas raus:

In Schweden etwa, auch nicht gerade das Land des wilden Manchester-Kapitalismus, wird der Lohn erst nach einem Krankheitstag weitergezahlt, und garantiert auch nur zu 80 Prozent. Die weitaus meisten Arbeitnehmer dürfte dies kaum ins soziale Elend stürzen, aber vielleicht manchen dazu bringen, die Bettkantenentscheidung noch mal zu überdenken.

Blau machen mit einem wirtschaftlichen Interesse der Arbeitnehmer bekämpfen zu wollen ist doch quatsch, das Interesse hat ein wirklich kranker Mensch doch auch. Gerade die Minderheit die tatsächlich von der Hand in den Mund lebt wird dann eben doch krank zur Arbeit erscheinen, sich und andere gefährden und potentiell noch viel mehr Schaden anrichten als nur ihren eigenen Arbeitsausfall.

So weit ich weiß ist es durchaus möglich ab dem 1. Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung zu fordern. Nur spart man so natürlich kein Geld auf Arbeitgeberseite.

Nebenbei: Ich bin dieses Jahr tatsächlich öfter krank gewesen als die davor, bisher 2x Erkältung und 1x Corona. Hoffe es bleibt dabei.

[–] [email protected] 17 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago) (2 children)

Krankenschein ab erstem Tag ist halt ein dicker Stinkefinger zum Vertrauen in die Arbeitnehmer. Wer krank ist hat gerade am ersten Krankheitstag nicht unbedingt Bock, sich ins Wartezimmer zu hocken. Was mich mal interessieren würde: wenn ich zwei Tage ohne Arzt krank bin, bin ich am dritten wieder da. Wenn ich am Ersten zum Doc gehe, schreibt der mich die ganze Woche krank. Ob's da Statistiken zu gibt?

[–] [email protected] 3 points 2 weeks ago

Krankenschein ab erstem Tag ist halt ein dicker Stinkefinger zum Vertrauen in die Arbeitnehmer.

Das stimmt, laut Kolumne ist das ja so stark gestört dass man anfängt über die Lohnfortzahlung zu diskutierten. Das ist, finde ich, ein noch größerer Mittelfinger.

[–] [email protected] 3 points 2 weeks ago (1 children)

Wer krank ist hat gerade am ersten Krankheitstag nicht unbedingt Bock, sich ins Wartezimmer zu hocken.

Bin da ganz bei Dir und bei ansteckenden Krankheiten ist es insgesamt schöner, wenn man die Erreger nicht großzügig in der Öffentlichkeit und besonders im Wartezimmer verteilt. Daher bin ich grundsätzlich für die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung. Leider wird das bei vielen Ärzten hier im ländlichen Bereich aber nicht angeboten. Da müsste nachgebessert werden.

Krankenschein ab erstem Tag ist halt ein dicker Stinkefinger zum Vertrauen in die Arbeitnehmer.

Um da mal einen Punkt anzubringen, den viele Arbeitnehmer manchmal nicht im Blick haben und der gar nichts mit Vertrauen zu tun hat: Gerade bei kleineren und mittleren Betrieben ist der Arbeitsausfall bei Krankheit verbunden mit der Lohnfortzahlung eine finanzielle Belastung. Daher gibt es die Aufwendungsausgleichszahlung der Krankenkasse, durch die ihnen ein Teil der Aufwendungen erstattet wird. Und die Krankenkassen verlangen einen Nachweis. Da läuft es darauf hinaus, dass ohne Attest keine Zahlung erfolgt.

[–] [email protected] 1 points 2 weeks ago (1 children)

Unternehmerisches Risiko. :p

Aber daher meine Frage: zwei Tage ohne Schein oder fünf Tage mit?

[–] [email protected] 2 points 2 weeks ago

Bin kein Unternehmer :P

Aber Anekdote: Mein Chef meinte mal zu mir, dass ich (zu der Zeit nur müde und genervt, aber nicht krank, nur von ihm falsch eingeschätzt) doch zum Arzt gehen könne und dann trotzdem gerne ein paar Stunden zur Arbeit. Äh... Nö. Klare Absage und Ansage: Wenn ich mich auf die Odyssee zum Arzt begebe und ne AU bekomme, dann erscheine ich garantiert nicht bei der Arbeit.

[–] [email protected] 7 points 2 weeks ago

Wir könnten ja erstmal das schwedische Lohnniveau und die schwedischen Sozialversicherung und Arbeitskultur durchsetzen. Dann schauen wir mal, wie sich das auf den Krankenstand auswirkt.

[–] [email protected] 21 points 2 weeks ago (3 children)

Was für eine blumige Erzählung als Einleitung.

In diesem Sommer habe ich mir den kleinen Finger gebrochen, beim Kanufahren crashte ein Paddel und meine Hand krachte mit vollem Gewicht auf einen Felsen. Keine große Sache, ich bekam vom Arzt nach dem Röntgen eine Handschiene, sechs Wochen ruhigstellen. „Danke, tschüss“, wollte ich sagen. „Moment“, sagte er, und fragte, wie lange er mich krankschreiben solle. Drei Wochen hätte er mir genehmigt, vielleicht auch sechs. Eine hübsche Urlaubsverlängerung wäre das gewesen.  

Die Szene hat nur anekdotische Evidenz, scheint mir aber völlig normal.

Ein Zyniker mag sich jetzt fragen, ob Relotius unter Pseudonym wieder zur Feder greifen darf.

[–] [email protected] 8 points 2 weeks ago (1 children)

Der Herr Reimer scheint nicht selbst zu tippen. Oder noch nie auch nur einen geprellten Finger gehabt zu haben.

[–] [email protected] 9 points 2 weeks ago

Doch doch, der tippt selbst.

… die Ziffern ins Telefon um das Fräulein Mayerhuber zum Diktat zu bestellen.

[–] [email protected] 6 points 2 weeks ago

Wer kennt sie nicht, die 40 Millionen deutschen Paddelsportler?

[–] [email protected] 4 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago)

Cool, das Dachdeckery sollte mit so einer Lapalie von Verletzung natürlich zur Arbeit gehen - sich festhalten ist überbewertet und das Masseury nimmt halt statt der zweiten Hand die Zehen zum Massieren und gefährliche Chemikalien schaukelt man im Labor doch auch einhändig ganz gut vor sich her, richtig? Für das Elektrikery soll Einhändigkeit ja sogar das Arbeitsunfallsrisiko schmälern - wenigstens in Sketchen zur Arbeitssicherheit. Die 10 Kindergartenkinder die sich an deine verletzte Hand hängen weil sie nicht verstehen warum sie vorsichtig sein müssen sind auch kein Problem ...

Ist immer so toll wenn Leute mit einem Schreibtischjob den sie ganz toll auch mit einer Hand auf dem Rücken machen können nicht mal für eine Sekunde über den Tellerrand gucken können.

[–] [email protected] 20 points 2 weeks ago (1 children)

Die Neigung der Deutschen zum Blaumachen ist belegt.

Wohl kaum.

[–] [email protected] 22 points 2 weeks ago

Doch natürlich. Guck dir doch diesen Text an. Arbeit ist das definitiv nicht. Der Autor hat eine Studie mit Stichprobengröße eins, sich selbst, die zu einem eindeutigen Ergebnis kommt.

[–] [email protected] 10 points 2 weeks ago
[–] [email protected] 2 points 1 week ago (1 children)

Ist das nicht das gleiche Argument wie beim Home-Office?

[–] [email protected] 3 points 1 week ago (1 children)

Ja, ist es. Nur mit dem Unterschied, dass man im Home-Office keine Kürzung des Gehalts zu erwarten hat. Vermutlich ist es doch so, dass diejenigen, die solche Verdachtsmomente erheben, ihr eigenes Verhalten projizieren (im Home-Office arbeitet man nicht, wer sich krankschreiben lässt, macht blau, und Bürgergeldempfänger machen sich einen faulen Lenz).

Das höhere Ziel solcher Ideen soll wahrscheinlich sein, dass der Arbeitnehmer sich etwas unterwürfiger dem Arbeitgeber präsentiert, denn die "Bock auf Arbeit"- Kampagne von Herrn Lindner kam ja nicht so gut bei den Arbeitnehmern an:

  • wenn ich mich krankschreiben lasse, dann kommt der Arbeitgeber zu Kontrolle vorbei (siehe Tesla), und unterstellt mir trotzdem, dass ich blau mache, also geh ich lieber krank zur Arbeit. So vermeide ich auch Gehaltseinbußen.
  • bevor ich als fauler Sozialschmarotzer gebrandmarkt werde, nehme ich lieber den Scheißjob mit der hohen Pendelzeit an, bzw., wenn ich mich gegen die Arbeitsbedingungen auflehne, dann ist man rucki-zucki den Job wieder los
  • ich arbeite lieber etwas länger von zuhause aus (ohne es aufzuschreiben), damit nicht der Eindruck entsteht, ich würde nur meine Haushaltsarbeiten machen, außerdem lasse ich mir Trackingsoftware installieren, damit der Arbeitgeber auch sehen kann, dass ich arbeite

Der nächste logische Schritt wäre, dass der Arbeitgeber auch den Wohnraum stellt - praktischerweise wird die Miete gleich mit dem Arbeitsentgelt verrechnet. Bei Kündigung ist man dann zügig obdachlos. Hoffentlich kommen solche Ideen nicht.

[–] [email protected] 2 points 1 week ago

Aber wäre das nicht Steuerhinterziehung? (Das mit der Wohnung?)