this post was submitted on 05 Dec 2023
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[–] [email protected] 16 points 11 months ago* (last edited 11 months ago) (10 children)

Die Antwort ist die selbe wie immer. Mit genug Geld kannst du genug Propaganda verbreiten. Mit genug Verbreitung wird das Ganze irgendwann zum Selbstläufer und genug Leute verbreiten den Blödsinn unironisch selber. Das Prinzip gilt nicht nur für die oft in Vebindung mit russischer Propaganda genannten "nützlichen Idioten", sondern auch für andere Themen.

Das traurige ist, dass die Atomstromproduzenten sich mit dem Mist selber geschadet haben: Denn Atomenergie funktioniert wie Erneuerbare nicht ohne Speicher. Denn wenn man das produziert, was man in 'ner kalten Winterwoche benötigt, dann aber das ganze Jahr über passt das sogar viel schlechter zum tatsächlichen Bedarf als fluktuierende Erneuerbare. Und weil das so ist, ergibt Atomstrom allein auch keinen Sinn, sondern funktioniert autark nur mit Erneuerbaren wirtschaftlich, die ja auch die selben Langzeitspeicher brauchen. Die Atomkraftwerke konkurrieren also eigentlich nicht mit Erneuerbaren oder saisonalen Speichern (die werden in bieden Fällen benötigt), sondern mit Kurzzeitspeichern, die als Grundlastersatz verwendet werden sollen.

Bisher hat Frankreich das Problem quasi nur ausgelagert. In kalten Wintern wird Strom importiert, den größten Teil des Jahres wird Strom exportiert. Statt des Speichers, den sie eigentlich benötigen würden, mißbrauchen sie Nachbarländer mit fossilen Kraftwerken zur Überbrückung, um dann den Rest des Jahres mit dem Finger auf all die Deppen zu zeigen, die fossile Brennstoffe verwenden. Wir wissen alle, dass die Kosten für Produktion und Speicherung der letzten paar Prozent am teuersten sind, weil die die meiste Zeit nicht wirtschaftlich arbeiten. Aber genau den Teil spart sich Frankreich einfach auf anderer Länder Kosten.

Noch... Denn deren Langzeitplanung (der Exportmarkt fällt natürlich weg, wenn alle Länder auf Erneuerbare und/oder Atomenergie umsteigen, weil jeder zur selben Zeit extra Bedarf hat oder Überschuss produziert) benötigt derzeit mindestens 14 neue große Reaktoren (baugleich um Betrieb und Wartung preiswert zu halten) in den nächsten Jahrzehnten (denn länger können die alten kaum laufen), jede Menge Erneuerbare (ca. 65% der Gesamtproduktion, mit den Reaktoren für die restlichen 35%) und große Mengen saisonaler Speicher, um eben selbstständig durch den Winter zu kommen und auch um weiterhin Energie exportieren zu können, nun aber zeitunabhängig wenn es Bedarf gibt und nicht, wenn gerade jeder überproduziert. Nicht umsonst ist Frankreich neben Deutschland eins der Länder die aktiv die Entwicklung eines EU-weiten Wasserstoffmarkts vorran treiben.

Nur dank der Propaganda über Jahrzehnte kann man das der eigenen Bevölkerung nicht verkaufen. Da wurden dann Ende 2021 aus den 14 Reaktoren plötzlich angekündigte 6 Stück mit einer Option auf 8 weitere, weil man sonst ja endlich mal über die realen Kosten reden müsste. Und der Ausbau der Erneuerbaren wurde als "termporäre Übergangslösung bis die neuen Reaktoren gebaut sind" verkauft, in einem Nebensatz der selben Ankündigung. Und jetzt muss man halt in kleinen Schritten -wie dem hier beschriebenen- den Leuten die Änderungen nach und nach unterschieben. Ich bin schon gespannt wie sie es schaffen wollen, den Leuten den großflächigen Aufbau von Elektrolyseuren zur Wasserstoffproduktion zu verkaufen, wo man doch den Menschen so lange eingebläut hat, dass Speicher nicht funktionieren und deshalb Atomenergie die einzige Lösung und Erneuerbare nutzlose Spielerei sind.

PS: Und bevor sich jetzt jemand beschwert, dass ich mich so auf Frankreich als Gegenbeispiel einschieße: Ich erwähne hier Frankreich explizit, weil die zwar ein Kommunikationsproblem haben, ihre Pläne unter die Bevölkerung zu kriegen, aber zumindest haben sie konkrete und funktionierende Pläne für die nächsten Jahrzehnte. Das selbe kann man leider von anderen Ländern, die die Atomkraft ausbauen wollen, nicht sagen. Die planen quasi alle viel zu wenig, um überhaupt je 'ne Grundlastdeckung zu erreichen oder warten direkt noch auf Zukunftstechnologie, wie SMRs, die sicher bald die kommerzielle Serienreife erreichen... nur noch ein paar Monate... spätestens nächstes Jahr... *hust*

Edit/TL;DR: Die Leute, die Atomenergie produzieren haben viele Jahre lang viel Geld ausgegeben, um Atomenergie als einzige Lösung zu präsentieren. Und irgendwann entwickelt das Narrativ ein Eigenleben. Und dafür musste man Erneuerbare kleinreden, die sich viel leichter schrittweise und ohne massive Vorrauskosten finanzieren lassen.

Das fällt ihnen jetzt aber so langsam auf die Füße, weil eigentlich ein wirtschaftlich sinnvolles Modell von Atomkraft auch nur mit Erneuerbaren und Langzeitspeicher funktioniert. Zumindest wenn der heutige Exportmarkt wegfällt, weil ja alle dank Erneuerbaren und/oder Atomenergie zur selben Zeit überproduzieren.

[–] [email protected] 11 points 11 months ago (4 children)

Sehr interessant und durchaus plausibel, nur eine kleinere Anmerkung.

Ein europaweites Stromnetz, funktioniert gerade mit erneuerbaren super. Die Bedingungen unterscheiden sich vielleicht nicht zwischen Belgien und den Niederlanden allzu spürbar, aber zwischen Belgien und Italien (bsw.) sehr wohl. Ja, Atomkraftwerke produzieren immer überall gleich viel Energie. Diese angebliche Stärke ist tatsächlich eine ihrer Schwächen. Bei Erneuerbaren ist es sehr wohl ortsabhängig, was ein großer Vorteil ist.

Statstisch gesehen reduziert sich das Risiko einer kompletten Flaute (kein Wind, keine Sonne) natürlich umso größer der Bereich ist, den man betrachtet. Das bedeutet mit einer vernünftigen Verteilung und einem europaweiten Stromnetz, sind Erneuerbare praktisch grundlastfähig (eigentlich trifft das auch schon deutschlandweit zu, aber größer ist in diesem Fall tatsächlich noch besser).

Also auch wenn Frankreich den europäischen Strommarkt tatsächlich genutzt hat, um die eigenen Schwächen im Ausbau zu kaschieren, so ist dasselbe Konzept, wenn es um erneuerbare geht, tatsächlich so gewollt.

[–] [email protected] 1 points 11 months ago (1 children)

Ich glaube es ging in dem Post auf den du geantwortet hast eher um saisonale Schwankungen bzgl. Export-Markt und das stimmt schon. Kurze Tage im Winter haben alle gleichzeitig im Gegensatz zum aktuellen Export-Markt der vielleicht eher von den verwendeten Erzeugertechnologien abhängig zu unterschiedlichen Jahreszeiten stark oder schwach produziert.

[–] [email protected] 1 points 11 months ago

Da ist aber dann gerade die Kombination aus Wind und Solar interessant. Wind produziert im Winter tatsächlich mehr, sodass sich bei Kombinationen 50:50 beides statistisch in etwas aufhebt (das Problem im Winter ist eher der gesteigerte Energiebedarf durch heizen).

Gerade dann ist eine Stromtrasse zwischen eher Windkraftstarken Ländern zu eher Solarkraftstarken Ländern wichtig um diese Linie noch weiter zu glätten.

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